Nummer 20 der „Blätter für Öffentliches Recht“ zum downloaden

Mit der 20. Ausgabe der Blätter für Öffentliches Recht erfassen wir in der Bilanz des KÖR die rechtlichen, philosophischen, theologischen und politikwissen schaftlichen Analysen, die alle Bereiche des öffentlichen Rechts abgedeckt und politikwissenschaftliche, philosophische, theologische und soziologische Perspektiven auf öffentlich-rechtliche Probleme in den juristischen Diskurs geworfen haben. Diese Analysen haben die Haltung einer objektiven Wissenschaft sowohl vor Politikern, dem Gesetzgeber, als auch den Gerichten eingenommen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Zusammenfassung der Bestimmungen aus der ersten Ausgabe der Blätter, die im Zuge des Sejdić-Finci-Urteils harmonisiert werden sollten, außerdem an die Voraussetzungen für die Einrichtung eines Obersten Gerichtshofes, an das Staatseigentumsgutachten, an die Kriterien für die Wahl der Richter, an die Reform des Verwaltungsverfahrens und die Einrichtung der getrennten Verwaltungsgerichtbarkeit, sowie an die Auswahl und Bewertung von Richtern und Staatsanwälten. Jedes der genannten Themen wurde unter strengsten fachlichen Standards bearbeitet: Verwendung von rechtlichen Argumenten, Arbeiten mit Vergleichs lösungen, die mi der nationalen Rechtskultur sowie mit den allgemein anerkannten Rechtsprinzipien kombiniert wurden.

Dennoch zeigen gelegentliche Reaktionen, dass es eine politische Entscheidungsebene gibt, die durch eine rationale Erklärung nicht erreicht werden kann. Ein gutes Beispiel ist die Parole über die “Wiederherstellung des ursprünglichen Dayton” im Sinne einer staatsrechtlichen Stärkung der Entitäten. Die Rückkehr zum “ursprünglichen Dayton” muss jedoch einen mehrstufigen Staat unitarischen Typs anerkennen. Wer die Rückkehr zum “ursprüngliche Dayton” verlangt, fordert gleichzeitig die Zentralisierung des Staates und die Stärkung des bürgerlichen Prinzips bis zur Reduzierung der Entitäten auf hochautonome Einheiten ohne irgendeine staatliche Substanz. Sonst würden in gleicher Weise der Wortlaut des Daytoner Abkommens, der Vertragswille der Vertragsparteien, sowie die Entscheidungen des BuH-Verfassungsgerichts verfälscht werden.

Deshalb möchte ich mit dieser Ausgabe daran erinnern, dass die Herrschaft im Namen der konstitutiven Völker seit Kriegsende politische Programme betrieben hat, die eine erhebliche Mehrheit an Menschen unfähig gemacht haben objektiv zu urteilen. Allein das Verfassungsmodell, politische Rituale und medial exponierte Bilder aus der Wirklichkeit stellen den Vollzug politischer Forderungen aus den jüngsten Ungerechtigkeiten und Verbrechen dar. Im Prinzip werden anstelle des ewigen Friedens und des Wohlstandes der ewige Krieg und die Rache der neuen Generation für das Unrecht, das ihren Vorfahren angetan wurde, verlangt.

Von dieser Praxis muss abgegangen werden, damit die eigene Vergangenheit erkannt wird und in einer sachlich orientierten Argumentation die Suche nach der Wahrheit bewertet werden kann. So kann die Zukunft den Projekten zugänglich gemacht werden, die mit den europäischen Werten korrespondieren und den universellen Prinzipien der modernen Welt entsprechen. Juristen spielen dabei eine Schlüsselrolle. So wie in einem Entschuldi gungsprozess und der argumentativen Auseinandersetzung über die Vergangenheit, welche Parolen von Tatsachen unterscheidet, eingestiegen werden muss, so muss zu einem neuen Konzept des Öffentlichen Rechts übergegangen werden, in dessen Zentrum ein neuer Gesellschaftsvertrag steht. Darin müssen Bürgerinnen und Bürger und Völker auf der Prämisse der Menschenrechte zusammenkommen, auch wenn dieser Ausdruck bereits verbraucht ist. Die aktuelle Position der Bürger in der Verfassungsordnung von Bosnien und Herzegowina muss als Folge von Krieg und Ungerechtigkeit begriffen und ihre Verbesserung nicht nur als Kampf gegen kollektiven Hass wahrgenommen werden, sondern als Eigeninteresse um dem Bösen zu widerstehen, mit Reflexionen im Öffentlichen Recht, damit das bürgerliche Prinzip als Ausdruck der Rechtskultur und der Notwendigkeit, das Recht mit Gerechtigkeit auszustatten, ohne Rücksicht auf eigene oder ständische Interessen der politischen Nomenklatur, wiederaufgebaut werden kann. Die Blätter für Öffentliches Recht werden diesem Zweck dienen.

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